Was steckt hinter dem „Eulenblick“?
Im übertragenen Sinne meint der Eulenblick die Praktik des „Weitwinkel-“ oder „peripheren Sehens“. Wir benutzen diesen automatisch, wenn wir am Himmel nach Sternschnuppen schauen oder eine weite Landschaft im Ganzen betrachten. Tatsächlich können wir Menschen sogar noch in einem größeren Winkel als Eulen wahrnehmen, was um uns herum geschieht. Als moderne Menschen konzentrieren wir im Alltag unseren Blick jedoch zumeist auf einen Punkt und nutzen so fast ausschließlich das fokussierte Sehen – z.B. bei der Bildschirmarbeit. Dies trägt zur Erhöhung Anspannung und Muskeltonus bei.
In der Tierwelt jedoch ist das periphere Sehen das meist gebrauchte Sehen: Mit diesem kann Bewegung besser wahrgenommen und der Überblick behalten werden – um Beute aufzuspüren oder andersherum nicht gefressen zu werden. Das fokussierte Sehen wird in der Tierwelt dagegen nur kurzzeitig benutzt, um sich z.B. auf die Verfolgung eines einzelnen Beutetiers zu konzentrieren.
Den Eulenblick trainieren hilft beim Abbauen von Anspannung – aber auch dabei, mehr wahrzunehmen: Mit dem Eulenblick entdecken wir plötzlich viele Dinge, die uns sonst entgehen – den lautlos im Baum neben uns landenden Habicht; ein Reh, das in einiger Entfernung vorbeihuscht; der kleine Pilz im Laub, der gestern noch nicht da war.
Und so geht es:
Gehe für diese Übung am besten raus in die Natur. Strecke beide Arme zur Seite aus und blicke geradeaus. Wackele jetzt mit beiden Zeigefingern. Bewege nun deine Arme langsam so weit nach vorne, bis du beide Finger gleichzeitig wahrnehmen kannst. Dein Blick ist dabei nicht scharf und auf keinen bestimmten Punkt fokussiert.
Und wie ist das bei Uhu, Waldkauz und Co. mit dem „Eulenblick“?
Um auch bei wenig Licht noch gut sehen zu können, haben Eulen riesige Augen. Wären unsere Augen im Verhältnis zum Schädel genauso groß, hätten sie die Dimension von Äpfeln! Ähnlich einer weit geöffneten Blende eines Kameraobjektivs kann so mehr von dem wenigen Licht hineinkommen. Das bringt ihnen gutes räumliches Sehen, doch lassen sich solch riesige Augen kaum noch mit Muskelkraft bewegen. Eulenaugen sind somit starr nach vorn gerichtet. Daraus resultiert tatsächlich ein nur sehr kleines Sehfeld von 60-70 Grad (vgl. Mensch ca. 170°). Das gleichen sie dadurch aus, dass sie dank doppelter Anzahl von Halswirbeln ihren Kopf bis zu 270 Grad drehen können. So können sie mit nur minimalen Bewegungen auf einem Ast sitzen und doch entgeht ihnen nicht, was um sie herum geschieht.
Oder einfacher gesagt:
Die meisten Menschen sagen „Eulenblick“, wenn sie versuchen gleichzeitig so weit wie möglich nach links und rechts zu gucken, ohne den Kopf zu bewegen. Damit kannst du auch mitbekommen, wenn sie sich etwas neben oder hinter dir bewegt, ohne dich umzudrehen. Eigentlich kann das die Eule aber gar nicht so gut. Das können wir Menschen besser. Eulenaugen sind nämlich riesige Lichtsammelapparate, die der Eule helfen auch im Dunkeln gut sehen zu können. Was groß und schwer ist lässt sich aber nicht gut bewegen und so muss die Eule ihren Kopf drehen, um sich umzuschauen. Das kann sie dafür aber viel weiter als du. So kann sie genauso gut wie wir Menschen sehen, was neben ihr los ist, ohne sich umdrehen zu müssen. Sich möglichst wenig zu bewegen ist für die Eule super wichtig – sonst hat ihr Abendbrot – vielleicht eine Maus sie schnell entdeckt und flüchtet.