Philosophie

Philosophie

Meine Naturverbundenheit hat mich mein ganzes Leben auf unterschiedliche Weise begleitet. Das Beobachten und Erforschen von Tieren, Pflanzen und Phänomenen in der Natur fasziniert mich dabei immer wieder aufs Neue. Ich sehe meine naturpädagogische Arbeit auch als untrennbar verbunden mit gesellschaftlichen Geschehnissen. Ein positiver Bezug zur Natur ist für mich eines der Werkzeuge, die zu dringend notwendigen Veränderungen in der Welt beitragen können. Für das Erleben von Naturerfahrungen möchte ich eine diskriminierungs- und hierarchiekritische Atmosphäre schaffen, insbesondere auch in Lernräumen für Kinder.

Begeisterung weitergeben

Wann warst du das letzte Mal allein im Wald? Hast dort vielleicht länger an einem Ort verweilt und genau erkundet, welche verschiedenen Pflanzen dort wachsen? Hast vielleicht die wärmenden Sonnenstrahlen auf dem Gesicht genossen und ganz unerwartet landet ein sonderbares Insekt mit schillernden Flügeln auf deinem Knie? Hast ganz still da gestanden und dem Stimmgewirr der Vögel gelauscht und plötzlich raschelt es im Laub neben dir und eine Maus schaut vorsichtig aus ihrem Versteck? Wenn wir verweilen, lauschen und ganz genau hinschauen, ist der Wald plötzlich voller Leben – über den Bäumen kreisende Seeadler, der Ruf des Schwarzspechtes, ein Federrätsel, die deutliche Spur eines Dachses. Ich komme bei jedem Ausflug ungeheuer beschenkt zurück.

Wenn wir lernen, uns auf diese Art im Wald zu bewegen, können wir jede Menge faszinierende Entdeckungen machen – und die Natur als schützens- und liebenswerten Wert an sich wiederentdecken. Ebenso kann der Wald uns ein Regenerationsraum sein und so Gesundheit und Resilienz stärken. Wer den Wald als „seinen Ort“ entdeckt und eine starke Verbindung zur Natur aufbaut, ist ungleich stärker gewappnet für die Herausforderungen des Lebens. Ich empfinde es daher als sehr erfüllend, kleine und große Menschen beim Knüpfen ihrer Verbindung zur Natur zu unterstützen.

Vor allem Kinder profitieren von den vielfältigen Erfahrungsräumen in der Natur, können ein gutes Selbstbewusstsein entwickeln und damit später aktiv und handlungsfähig an der Veränderung der Gesellschaft mitwirken. In meiner Arbeit mit Kindern ist mir ein wertschätzender, respektvoller und bedürfnisorientierter Umgang besonders wichtig.

 

Der „Eulenblick“ als meine Philosophie

Im übertragenen Sinne meint der Eulenblick das „Weitwinkel-“ oder „periphere Sehen“ und ist eine der Methoden, die benutzt werden kann, um bewusst mehr wahrzunehmen: z.B. den lautlos im Baum neben uns landenden Habicht.

Das Prinzip des Eulenblicks möchte ich auch auf meine Arbeit im Ganzen anwenden. So möchte ich meinen Blick nicht nur auf den vielen kleinen, mich oft verzaubernden Wahrnehmungen in der Natur belassen, sondern den Blick erweitern auf das, was um uns geschieht. Möchte die multiplen Krisen um uns im Blick behalten, Klimakrise, Ausbeutung, Unterdrückung und Diskriminierung nicht ausblenden und Zusammenhänge, Komplexität und Ursachen verstehen können. Diese sehe ich unter anderem als ein Symptom der fehlenden Verbindung mit der Natur, mit uns selbst und miteinander.

Ich möchte genauer hinschauen und von funktionierenden Prinzipien aus der Natur lernen: Kooperation, Suffizienz, Kreisläufe, vielfältige Verbindungen. Die Natur um uns herum befindet sich nicht im hektischen Dauerstress, unendliches Wachstum ist nicht möglich. Stattdessen bewegen sich Abläufe und Prozesse in der Natur in wiederkehrenden Zyklen und streben Gleichgewichtszustände an.  In meinen Augen ist es wichtig, dass wir uns Menschen wieder als Teil der Natur begreifen – als Teil eines vielleicht im Universum einzigartigen Netzwerk des Lebens. Dass wir verstehen, wie sehr wir darin mit unserer Umwelt verwoben sind. Dass wir die Komplexität und ungeheure Vielfalt unseres Ökosystems wieder bewundern können, in dem jeder Teil wichtig ist für ein stabiles Zusammenspiel.  Gleichzeitig können wir uns fragen: wenn wir Menschen Natur sind, was ist dann nicht Natur?

Wie können wir diese atemberaubende Vielfalt wieder achten lernen und uns so einfügen, dass wir mit allen Lebewesen gemeinsam ein gutes Leben auf der Erde führen können? Eine weniger anthropozentrische Perspektive kann helfen, mehr Demut zu entwickeln. Doch finde ich wichtig anzuerkennen: Naturschutz unterliegt stets der menschlichen Perspektive. Der Wunsch nach dem aktuellen und zukünftigen Wohl aller Menschen auf dem Planeten ist dafür eine berechtigte Triebkraft.

Im Einsatz für Klimagerechtigkeit und die Erhaltung der Ökosysteme möchte ich bewusst eine faire Verteilung von Ressourcen, gleich gute Lebensbedingungen und Zugang zu Wissen und Privilegien für alle Menschen, sowohl vor Ort als auch global, jetzt und in Zukunft. Mit alle Menschen möchte ich insbesondere derzeit marginalisierte und von Diskriminierung betroffene Gruppen mit einschließen. Solidarität bedeutet für mich, bewusst Verantwortung zu übernehmen für den Prozess der Weiterentwicklung hin zu einer für alle gerechter gestaltete Gesellschaft.

Diskriminierungskritisch

Für meine Arbeit bedeutet dies eine diskriminierungskritische Auseinandersetzung mit meinem Handeln, meinen Methoden und verwendeten Materialien, um die von mir gestalteten Lern- und Erfahrungsräume für von Diskriminierung betroffene Menschen sicherer gestalten zu können und bestehende Machtverhältnisse nicht zu reproduzieren.

Auf diese Weise gemeinsam in der Natur sein, kann uns Orientierung geben und uns stärken. Die Rückverbindung mit der Natur kann uns resilienter machen, kann uns Kraft geben für unsere Kämpfe. Denn neben einer wiederbelebten Naturverbindung braucht es für den Wandel direktes aktives politisches Handeln. Es braucht Aktivist*innen, die hier und jetzt Menschen konkret und praktisch helfen oder politisch für die Rechte aller und der Natur kämpfen.